Jacinda_Ardern_BBC

Neuseelands Jacinda Ardern gehört zu den fortschrittlichen Politikerinnen, andere sind konservativ. © BBC

Obama irrt: Frauen sind nicht die besseren Politikerinnen

Barbara Marti /  Barack Obama hält Frauen für die besseren Führungskräfte, weil sie Frauen sind. Diese pauschale Behauptung ist Unsinn.

Der ehemalige US-Präsident sagte kürzlich an einem privaten Anlass zum Thema «Leadership»: «Frauen, ich will, dass ihr wisst, ihr seid nicht perfekt, aber ich kann unbestreitbar sagen, dass ihr besser als wir (Männer) seid.» Für die meisten Probleme auf der Welt seien «alte Männer» verantwortlich, die zu lange an ihren Machtpositionen festhalten. «Wenn in allen Staaten die Machtpositionen von Frauen belegt wären, dann würden wir signifikante Verbesserungen in ziemlich allen Bereichen sehen. Davon bin ich überzeugt», zitierte die BBC Obama.
Ein Blick auf ein paar weibliche Führungskräfte in der Politik zeigt, dass diese pauschalisierende Aussage Unsinn ist.

  • In Myanmar wird der Regierung der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi Völkermord an den Rohingya vorgeworfen.
  • In Norwegen hat die Mitte-Rechts-Regierung von Ministerpräsidentin Erna Solberg letztes Jahr erstmals das Abtreibungsrecht eingeschränkt.
  • Die konservative britische Regierungschefin Margaret Thatcher zog in den Falkland-Krieg. In Grossbritannien sorgte sie mit Kürzungen im Sozialbereich dafür, dass viele verarmten. Ähnlich agierte später Theresa May.

Andere Politikerinnen machen eine fortschrittliche Politik:

  • In Neuseeland hat die amtierende Premierministerin Jacinda Ardern (Labour) unter anderem ein Gesetz auf den Weg gebracht, um Abtreibungen zu entkriminalisieren. Nach dem Terroranschlag in Christchurch hat sie letztes Jahr innert Kürze eine Verschärfung der Waffengesetze durchgesetzt.
  • In Chile war die Sozialistin Michelle Bachelet während zwei Amtsdauern Präsidentin. In dieser Zeit hat sie unter anderem das Rentensystem reformiert, das Abtreibungsverbot gelockert und eingetragene Partnerschaften ermöglicht.
  • In Liberia festigte Ellen Johnson Sirleaf während ihrer Präsidentschaft (2006-2018) nach dem Bürgerkrieg Frieden und Stabilität. Ihr Einsatz für die Sicherheit und die Rechte von Frauen wurde 2011 mit dem Friedensnobelpreis gewürdigt.

Die Beispiele zeigen, dass die Frauen wie die Männer keine einheitliche Gruppe sind und in der Politik die Weltanschauung wichtiger ist als das Geschlecht. Mit seinen pauschalisierenden Aussagen behauptet Obama, dass Frauen von Natur aus anders politisieren als Männer. Damit zementiert er traditionelle Rollenbilder, was Frauen und Männer nicht weiterbringt.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Barbara Marti ist Redaktorin und Herausgeberin der Online-Zeitschrift «FrauenSicht».

Zum Infosperber-Dossier:

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Gleiche Rechte für Frauen und Männer

Gleichstellung und Gleichberechtigung: Angleichung der Geschlechter – nicht nur in Politik und Wirtschaft.

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7 Meinungen

  • am 8.03.2020 um 12:30 Uhr
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    Ich bin 46 Jahre verheiratet und wir haben traditionelle Rollen gespielt.
    Sie trug die leichteren Lasten, ich die schwereren. Sie bekam traditionell die Wunschkinder, die ich ihr traditionell machte.

    Das wirkliche Problem besteht in der mangelnden Wertschätzung der Rolle der Frauen.

    Frei wird man einzig durch Liebe und gerechte Arbeitsteilung, niemals durch die Freiheit des Andersdenkenden, den man heute auf ein Podest stellt und ihn als Heilsbringer vergöttert. Die Missachtung dieser Traditionen beweist der Zerfall der traditionellen Groß-Familie, mit allen Folgen für die Gesellschaft: Kinderarmut, Scheidungen, Gewalt in der Ehe, Vereinsamung, Rentnerarmut …
    Die Frau in der traditionellen Familie ist ja nicht nur Mittelpunkt und Mutter für Kinder, sie umfasst eine Reihe von beruflichen UNBEZAHLTEN Tätigkeiten wie: Krankenpflege, Seelsorge, Köchin, Haushälterin, Frisöse, Lehrerin, Reinigungskraft und vieles mehr.

    Ich bin meiner Frau in ihrer traditionellen Rolle unendlich dankbar! Aber auch SIE ist dankbar für die Rolle die ich als Mann zu spielen habe. Nur gemeinsam kann man die Anforderungen des Lebens bewältigen, sich stützen, sich ergänzen, sich gegenseitig aufrichten, sich wärmen und liebe. Jede Abweichung von diesem traditionellen Rollenspiel endet in der Überforderung von Frau und Mann. Die Resultate sehen wir bereits.
    Haben wir denn keine anderen Probleme, als die Geschlechtsumwandlungen der Geschlechter!

  • am 8.03.2020 um 12:45 Uhr
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    Frauen und Männer sind keine einheitlichen Gruppen: Einverstanden. Trotzdem erfahre ich als Politiker, Lehrer, als Partner, als Grossvater und als Mann auffällige Gemeinsamkeiten innerhalb eines Geschlechtes. Ob soziologisch bedingt, chormosomenbedingt oder der unterschiedlichen Leibesgestalt, dem Hormonrythmus verdankt: ich erlebe Unterschiede in der Bearbeitung von Alltagssituationen. Z.Bsp: Mädchen sprechen häufiger über Gefühle. Knaben sind häufiger ironisch, halten sich so das «echte» Leben und damit verbundenen Gefühle vom Leibe. Dies wirkt sich aus auf die Kommunikationsfähigkeiten als Erwachsene. Als patriarchaler, privilegierter, besser verdiender Mann fällt es mir bedeutend leichter, mich in der Illusion des unabhängigen Egos zu bestätigen als eine Frau, welche die monatl. Hormonschwankung leibhaftig erlebt, Kinder gebiert. nahe am Leben ist. Machtpolitisch erfolgreiche Frauen in der Politik sehen sich oft gezwungen, die männlichen Spielregeln mitspielen zu können, ansonsten sie von vielen Männern nicht ernst genommen werden in einem noch immer stark patriarchal geprägten Politbetrieb. Viele Frauen sind sich dafür zu schade. Ich danke Obama für seine plakative Aussage, denn sie hilft, Diskussion über weibliche Politik in Gang zu bringen. Armeen zeigen z.Bsp die Bevölkerung ausblendende lineare und menschen-verachtender Denkweise, welche ich als typisch herkömmlich männlich bezeichnen würde. Wie sähe weiblich geprägte Konfliktlösung aus – in Syrien, Türkei, USA?

  • am 8.03.2020 um 16:35 Uhr
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    Falls Herr Obama deutsch kann, dann hat er völlig recht.
    "Frauen sind die besseren Politikerinnen».
    Männer sind meistens ganz schlechte Politikerinnen, oft sogar noch mehr als sie schlechte Politiker sind.

  • am 9.03.2020 um 06:42 Uhr
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    Diesen Artikel finde ich ehrlich gesagt ziemlich bedenklich. Es ist doch schlicht undemokratisch zu sagen, eine Person sei “schlechte Politikerin“ weil sie Dinge durchsetzt die nicht der eigenen politischen Zielsetzung entspricht! Abtreibung einschränken und Sozialwerke abbauen hat doch nichts mit gut oder schlecht zu tun, sondern sind Überzeugungen, welche viele der demokratisch Mitbestimmenden für richtig halten.
    Frauen sind gezwungen härter zu arbeiten und besser informiert zu sein als Männer in der Politik, weil sie erstens nicht von eingespielten Männer-Machtzirkeln profitieren können, und andererseits auch nicht mit Poltern Inkompetenz überdecken können, weil polternde Frauen in unserer Kuktur nun mal schlecht ankommen. Somit gibt es gute Gründe für Obamas Aussage.
    Für mich ist ein Paradebeispiel meiner demokratischen Einstellung meine Bewertung von Martullo Blocher: ich mag praktisch gar nichts was von ihr politisch kommt, aber ich habe grossen Respekt vor ihrer Leistung als Topmanagerin und zugleich Politikerin die bei vielen einfachen Leuten sehr gut ankommt. Am Frauentag möchte ich auch solchen Frauen Respekt zollen.

  • am 10.03.2020 um 12:28 Uhr
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    Herr Fabel, bereits die Grossfamilie ist ein künstliches Konstrukt. Die Entwicklungen, nähmlich eine weitgehende anonyme Gesellschaft ohne gegenseitige Verantwortung bei der der Staat die soziale Absicherung machen muss, haben bereits vor 5000 Jahren begonnen. Mit der Entstehung der heute bekannten patriarchalen Gesellschaft wurden die natürlichen, sozialen Strukturen und Sicherheiten zerstört. Frauen wurden aus ihren Familienclans gerissen und Eigentum eines Mannes. Dadurch wurden sie abhängig, entrechtet und versachlicht. Zu Beginn der Neuzeit, also nach dem Ende des relativ Herrschaftsfreiem Mittelalter, wurden die Frauen im Zuge der sogenannten Hexenverfolgung wieder entrechtet und unter einen Mann gestellt. Die Grossfamilie, bei der die Frau abhängig vom Mann ist, bietet ihr keinen ausreichenden Schutz (von Freiheit mal ganz zu schweigen). Das zeigen die letzten 300 Jahre sehr deutlich. Die heutige, komplett zerrissene, anonymisierte und von Alleinstehenden und Kleinfamilien gekennzeichnete Gesellschaft bietet gar niemandem Schutz, sondern macht aus uns allen abhängige Individuen von Staat und Wirtschaft. Eine sehr bedenkliche Entwicklung.

    Die Grossfamilie ist leider keine Lösung, sondern ein erster Schritt zur heutigen Gesellschaft. Wer die heutige gesellschaftliche Entwicklung mit Sorge beobachtet tut gut daran, weiter zurückzublicken als gerade mal ein paar Jahrzehnte.

  • am 10.03.2020 um 19:01 Uhr
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    Herr Bachmann, gratuliere zu ihren Aussagen.
    Bezüglich Themensetzung und Hintergrundinformationen spielt Infosperper ganz vorne in der Topliga im deutschen Sprachraum.
    Leider ist es immer mehr usus, das wie selbstverständlich das politisch linke Ansichten richtig und gut sind und andere Ansichten (zB bezüglich Abtreibung) wie oben, selbstverständlich und unreflektiert als schlecht bezeichnet werden. Sehr schade.

  • am 18.03.2020 um 13:30 Uhr
    Permalink

    Mir ging es hauptsächlich darum, aufzuzeigen, dass man die heutige spaltende Darstellung der Beziehungen zwischen Mann und Frau mit Wertschätzung, Achtsamkeit und gegenseitige Fürsorge bewältigen kann. Klar, zur Spaltung haben die Religionen und ihre Texte einen großen Anteil. Auch die Wirtschaftssysteme haben großen Einfluss auf den Krieg der Geschl. Letztlich betreiben alle Medien regelrecht Voodoo an den Geschl.

    Suchen wir aber die ursächlichen Gründe auf, gelangen wir zu einer allumfassenden Fehldeutung der Liebe. Weicht sie vom altruistischen Denken ab, wird eine Spaltung erzeugt. Man stellt Frau und Mann gegenüber auf eine Waage. Sieht man sie aber als Einheit, und schätzt diese Einheit Wert, entsteht eine andere Gesells.
    Alles beginnt mit dem Zweifel! Kann das wahr sein? Misstrauen kommt auf. Diskussionen kommen in Gang, die Meinungen bilden sich, ja, Meinungsstreit führt zur Parteilichkeit, weiter zu Streit und Hass, letztlich zum Kampf und Krieg der Geschl. und auch zwischen Völkern und Nationen. Die Wertschätz. des Anderen, auch des fremden Reisenden, führt nicht zu Streit, aber – die Parteilichk. Die Wertschätz. der Einheit der Familie, führt zum Allgemeinwohl. Das wussten schon die alten griechischen Philos. Das Misstrauen, der Mangel an Vertrauen ist sehr, sehr alt. Die Aufklärung hat «die Freiheit des Andersdenkenden» glorifiziert. Die Gleichheit und die Gerechtigkeit aber sind Vorauss. für Freiheit. Beides ist systemb. nicht gegeben oder sogar nicht gewollt

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