Hoher_Blutdruck_Front

Wer einen hohen Blutdruck hat oder an Diabetes leidet, nimmt häufig ACE-Hemmer ein. © zvg

Covid-19: Hohes Risiko für Bluthochdruck- und Diabetespatienten

Urs P. Gasche /  Die Medikamente ACE-Hemmer und Sartane verschlimmern die Folgen von Covid-19-Erkrankungen. Das zeigen vorläufige Studienresultate.

Bestimmte Medikamente können das Risiko schwerer und tödlicher Erkrankungen nach einer Ansteckung mit Coronaviren erhöhen. Es handelt sich um Arzneimittel, die gerade unter älteren Patientinnen und Patienten weit verbreitet sind. So werden gegen einen zu hohen Blutdruck oder bei Herzinsuffizienz mit einigem Nutzen häufig ACE-Hemmer wie Benazepril, Captopril oder ein anderes Medikament mit der Endung …pril verschrieben. Bei Herzinsuffizienz kommen auch Sartane wie Losartan, Valsartan oder ein anderes mit Endung …tan häufig zum Einsatz.
Diese beiden Medikamentengruppen erhöhen im Körper die ACE2-Enzyme.
Ausgerechnet diese ACE2-Enzyme dienen Coronaviren als Einfalltor in den Körper. Deshalb seien Bluthochdruck- und Diabetespatientinnen und -patienten, die ACE-Hemmer oder Sartane einnehmen, vom Coronavirus besonders betroffen. Darauf geben neue Studien starke Hinweise. Allerdings warnen US-Fachgesellschaften davor, ACE-Hemmer oder Sartane ohne ärztliche Begleitung abzusetzen oder zu ersetzen.

Enzyme als Einfallstor der Coronaviren

Bereits der Erreger der Lungenkrankheit Sars gelangte über das Enzym ACE2, ein Protein, in den Körper. Dieses Enzym befindet sich auf den Zelloberflächen. Der Virologe Peng Zhou vom Institut für Virologie der chinesischen Wissenschaftsakademie in Wuhan hat mit Kollegen herausgefunden, dass auch das neuartige Coronavirus über diese Enzyme in den Körper eindringt. Seine Resultate wurden am 3. Februar in der Fachzeitschrift «Nature» online publiziert.

Zum gleichen Schluss kamen Lei Fang, George Karakiulakis und Michael Roth am 11. März 2020 in der Fachzeitschrift Lancet. Professor Michael Roth ist Forschungsgruppenleiter der Abteilung für Lungenerkrankungen am Universitätsspital Basel. Die drei Forscher zitieren verschiedene aktuelle Studien über am Coronavirus vorzeitig Gestorbene oder in Intensivstationen Behandelte. Ein Grossteil aller dieser an Covid-19 schwer Erkrankten oder Verstorbenen litten vor der Ansteckung an Diabetes oder Herzschwäche. Die Studien untersuchten zwar nicht, welche Medikamente diese Patientinnen und Patienten eingenommen hatten. Doch ist es durch andere Studien belegt, dass Patienten mit Bluthochdruck, Diabetes und anderen Herzkreislauferkrankungen bereits eine erhöhte Bildung des ACE2 haben. Bezüglich der Medikamente kann man davon ausgehen, dass die meisten von ihnen mit ACE-Hemmern oder Sartanen behandelt wurden. Diese Medikamente würden die Bildung des ACE2-Enzymes über einen längeren Zeitraum weiter erhöhen. Die drei Forscher haben daher die Hypothese formuliert, dass die drei Erkrankungen zusammen mit den Medikamenten, welche ACE2-Enzyme stimulieren, das Risiko eines schweren oder tödlichen Verlaufs nach einer Ansteckung mit Coronaviren erhöhen.
Trotzdem sollten Patienteninnen und Patienten erst nach ärztlicher Beratung auf andere blutdrucksenkende Medikamente wechseln*.

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Infosperber-DOSSIER:
Coronavirus: Information statt Panik
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*Die Kardiologen des Universitätsspitals Basel raten insbesondere Patienten, die SARS-Cov2 positiv getestet wurden, die ACE-Hemmer oder Sartan-Therapie weiterzuführen. Auch eine prophylaktiche Umstellung von Patienten auf andere Substanzen sei nicht gerechtfertigt. Die Schweizerische Gesellschaft für Kardiologie und die Schweizerische Hypertonie Gesellschaft schliessen sich dieser Empfehlung an. Über allfällige Interessenkonflikte werden wie üblich keine Angaben gemacht.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

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Coronavirus: Information statt Panik

Covid-19 fordert Behörden und Medien heraus. Infosperber filtert Wichtiges heraus.

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3 Meinungen

  • am 24.03.2020 um 14:47 Uhr
    Permalink

    Es gibt dazu auch gegensätzliche Meinungen. Wenn ich es richtig verstanden habe – mein Englisch ist nicht so gut – können sich die ‹Sartane› an die Rezeptoren binden und diese dadurch blockieren, was eine positive Wirkung hätte.
    Hier der Artikel:
    https://www.bmj.com/content/368/bmj.m406/rr-2

    Übrigens: eine recht gute Übersetzungsmaschine (besser als die eines bekannten Internetgiganten) ist https://www.deepl.com/translator . Meist merkt man nicht, dass es eine Maschine übersetzt hat — aber das nur ganz am Rande.

  • am 24.03.2020 um 21:13 Uhr
    Permalink

    Lieber Herr Gasche
    Ich schätze Ihre Beiträge sehr und lese fast alle. Nun ist Ihnen heute wohl ein Irrtum bezüglich ACE-Hemmer und Sartane widerfahren. In Kürze:
    Der Rezeptor for SARS-CoV-2 ist ACE2. Dass das Virus an dieses Protein bindet, hat nichts mit der enzymatischen Funktion von ACE2 zu tun.
    Nur ACE1 wird von ACE-Hemmern gehemmt; Sartane blockieren die Wirkung des Produkts von ACE2, Angiotensin II. Dieses Peptid wird von ACE2 abgebaut.
    Möglicherweise kommt der Irrtum wegen des Papers im Lancet meines Kollegen michael.roth@usb.ch.
    Mit freundlichen Grüssen
    Urs Rüegg
    Prof. Urs Rüegg
    Rieserstr. 24
    CH 4132 Muttenz
    Phone 41 61 4614981
    urs.ruegg@unige.ch

    STELLUNGNAHME VON URS P. GASCHE
    Sie haben recht, ACEI und ARB hemmen das ACE und den Angiotensin-II Type-I Receptor und nicht die enzymatische Aktivität des ACE2. Das ändert aber nichts an der Wahrscheinlichkeit, dass ACE-Hemmer und Sartane die Folgen von Covid-19-Erkrankungen verschlimmern. Weitere unabhängige Studien müssen das bestätigen.

  • am 30.04.2020 um 14:26 Uhr
    Permalink

    Danke für den guten Beitrag, wie so oft ist der Infosperber den anderen eine Nasenlänge voraus. Ich kann mich der Haltung von Herrn Gasche nur anschliessen. Das grosse Interesse an ACE2 Antikörpern spricht da auch für sich. Unter folgendem Link können die online bestellt werden, der Zusammenhang mit Coronaviren wird dort ebenfalls deklariert: https://www.rndsystems.com/products/human-ace-2-antibody_af933

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