Kommentar

Der Gewerbeverband spielt den Handlanger für die Tabaklobby

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Rainer M. Kaelin /  Der Gewerbeverband malt den Teufel an die Wand, wenn das Parlament dem Beispiel von 180 Ländern folgt und Tabakwerbung einschränkt.

Red. Der Arzt Rainer M. Kaelin war Vizepräsident der Lungenliga Schweiz und ist Vizepräsident von Oxyromandie, ein Verein, der sich für den Schutz der Nichtraucher und für Werbeverbote für Tabakprodukte einsetzt.
Es sei «staatspolitisch äusserst heikel», falls das Schweizer Parlament die Tabak-Rahmenkonvention der Weltgesundheitsorganisation WHO ratifiziere. Das schreibt der Schweizerische Gewerbeverband in einem an alle Parlamentarier gerichteten Brief.
Der Bundesrat hatte die WHO-Konvention zwar bereits im Jahr 2004 unterschrieben, doch das Parlament hat sich unter dem Druck der Tabakindustrie bis heute geweigert, die Konvention zu ratifizieren und damit verbindlich zu machen – wie dies 180 Länder bereits getan haben. Mit ihrer tabakfreundlichen Haltung steht die Schweiz neben Andorra, Liechtenstein und Monaco, welche die Tabak-Konvention der WHO ebenfalls nicht ratifizierten, in Europa ziemlich allein da.

Die starke Lobby der Tabakindustrie schob jetzt zum Beeinflussen von Parlamentsmitgliedern den Gewerbeverband vor. Der Verband wurde aktiv, weil das Bundesamt für Gesundheitswesen Werbe-, Promotions- und Sponsoringverbote für Tabak- und Nikotinprodukte vorschlägt, um das neue Tabakproduktegesetz doch noch WHO-kompatibel zu gestalten.
Der Gewerbeverein bezahlte den Zürcher Professor Urs Saxer für eine Stellungnahme, auf die sich der Gewerbeverband in seinem Schreiben stützt. Die vorgesehenen Verbote stünden in einem Konflikt mit der schweizerischen Wirtschaftsfreiheit. Diese Freiheit stehe – «möglicherweise», wie Saxer vorsichtig einschränkt – in Konflikt mit dem vorgesehenen vollständigen Werbe- und Sponsoringverbot, welche die WHO-Konvention vorsieht.
In der NZZ vom 28. August 2017 war zu lesen, dass derselbe Professor Saxer für den Zigarettenkonzern Japan Tobacco International ein Parteigutachten verfasste mit der Empfehlung, die E-Zigaretten von den Regelungen zum Passivrauchen auszunehmen. Das diente der Banalisierung des Nikotins sowie der E-Zigarette und nicht dem Jugendschutz.

Auf andere übergeordnete Vorgaben der Bundesverfassung als auf die Wirtschaftsfreiheit gingen Saxer und im Gefolge auch der Gewerbeverband in seinem Brief an die Parlamentarier nicht ein. Die Verfassung garantiert «Kindern und Jugendlichen das Recht auf Schutz ihrer Unversehrtheit und auf die Förderung ihrer Entwicklung» und beauftragt den Bundesrat, «Vorschriften [zu erlassen] über den Umgang mit Betäubungsmitteln, Organismen und Gegenständen, welche die Gesundheit gefährden, zur Bekämpfung stark verbreiteter Krankheiten..
Auf diese Verfassungsvorgaben stützt sich ein wirksamer Schutz der Jugend gegen Tabakwerbung, der den Forderungen des WHO Tabakrahmenabkommens, aber auch dem schweizerischen Heilmittelgesetz entspricht: «Unzulässig ist Publikumswerbung für Medikamente, die häufig missbraucht werden oder zu Gewöhnung und Abhängigkeit führen können». Die Wirtschaftsfreiheit wird verfassungsgemäss durch das höhere Rechtsgut der Gesundheit eingeschränkt. Was auch in Bundesgerichtsentscheiden und im Gesetz über die Produktesicherheit zum Ausdruck kommt: «Produkte dürfen in den Verkehr gebracht werden, wenn sie die Sicherheit und die Gesundheit der Verwender und Dritter nicht oder nur geringfügig gefährden».
Der Gewerbeverband steigt für die Wirtschaftsfreiheit von Tabakkonzernen auf die Barrikaden, obwohl er bisher Werbeverbote für gefährliche Produkte wie Sprengstoffe, Schusswaffen oder Antibiotika nie beanstandet hatte. Naheliegend ist deshalb der Verdacht, der Gewerbeverband habe sich von der Tabaklobby instrumentalisieren lassen.

Die Parlamentarier sollten sich daran erinnern, dass die von Gewerbeverband und Economiesuisse gegründete Allianz der Wirtschaft für eine massvolle Prävention (AWMP) von Swiss Cigarette mitgetragen und -bezahlt wird. In dieser Lobby-Organisation verteidigen – ungeachtet der «Swiss»-Etikette – die Konzerne Philip Morris, British American Tobacco und Japan Tobacco International ihre gemeinsamen Interessen.
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Infosperber-DOSSIER:
«Die Vor- und Nachteile der E-Zigaretten»

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Zum Infosperber-Dossier:

EZigarette

E-Zigaretten: Vor- und Nachteile

Sie sind nützlich als Ausstiegshilfe für Raucher, aber schädlich als Einstiegsdroge für junge Nichtraucher.

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2 Meinungen

  • am 20.05.2019 um 12:38 Uhr
    Permalink

    Der korrupte Lobbyismus der Tabak-Suchtindustrie ist seit Jahren mehr als offensichtlich.
    Wer dank (zu) tiefen Konzernsteuern so fette Gewinne machen kann, der verteidigt natürlich mit seinen riesigen finanziellen Mitteln sein Zigarettenqualm-Eldorado, auch wenn die Moral baden geht.

    Ich kann nur hoffen, dass es eine Mehrheit an Parlamentariern gibt, welche diese Art von Wirtschafts-Diktatur (des Geldes) auf Kosten unserer Gesundheit und uns Steuerzahlern ablehnen. Freiheit und Respekt vor unserer Verfassung kann ich hier leider keine erkennen.

    Ich wünsche allen Eltern in diesem Land, dass ihre Kinder nicht in diese furchtbare Sucht gelockt werden.

  • am 8.06.2019 um 12:39 Uhr
    Permalink

    Mit den E-Zigaretten wird zwar der Schaden für die Lunge reduziert, aber der Schaden auf den Geist erhöht. Ausserdem werden in E-Zigaretten die Cannabis-Hauptsubstanzen THC und CBD nach der Cannabis-FREIgabe auch verdampft werden.
    Das künstlich hergestellte THC(A) und CBD wird es dann auch reichlich in Lebensmitteln geben. THC ist eine Form von Nervengift, mit der die Hanfpflanze Fressfeinden schadet. CBD ist eine Form von Betäubungsmittel.
    CBD hat für kranke Menschen mitunter eine gute medizinische Wirkung.
    Für an sich gesunde Menschen bedeutet die betäubende Wirkung, dass sich diese mehr gefallen lassen und der gelassene Zustand hat auch Suchtpotential. Damit droht eine heimtückische Glücksdroge, wie das SOMA in -Schöne neue Welt- (Brave New World).
    Nach der Freigabe von Cannabis-Produkten haben zwar die mafiösen Vereinigungen Einbussen, aber die Nachfrage nach härteren Drogen, wie Heroin oder Kokain ist signifikant angestiegen. Das hat die Gewinne der mafiösen Banden insgesamt deutlich erhöht.
    Erst Erklärung ist, dass von angefixten Suchtanfälligen nach einer Steigerung des gewohnten Kicks durch Cannabis gesucht wird.

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