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Iganzio Cassis lässt sich von Glencore die Kupfermine mit Vorzeige-Schule und -Spital zeigen © cc

Bundesrat Cassis wäscht Kupfermine von Glencore weiss

Urs P. Gasche /  Der Aussenminister liess sich ausschliesslich von Glencore herumführen und zeigte sich nachher «beeindruckt».

Das Erfreuliche: Unser Aussenminister Ignazio Cassis wollte die umstrittene Kupfermine des Glencore-Konzerns in Sambia mit eigenen Augen sehen. Er habe sich «ein Bild davon machen wollen, wie in den Kupferminen Sambias gearbeitet wird, insbesondere in der Glencore-Mine Mopani in Mufulira», teilte das Aussendepartement mit.
Das Unerfreuliche: Der Bundesrat und seine begleitende Entourage fassten die Gelegenheit nicht beim Schopf, vor Ort mit der vom Kupferschmelzwerk betroffenen Zivilbevölkerung und deren Vertretern oder mit lokalen NGOs zu reden. Cassis liess sich ausschliesslich von Glencore zu einer PR-Tour einladen. Die Autokolonne vermied es tunlichst, die von der Umweltverschmutzung am meisten betroffenen Stadtquartiere Kankoyo, Kantanshi und Butondo auch nur zu durchfahren. Die Schweizer Delegation habe keinen Kontakt zu den lokalen NGOs gesucht, erklärt Chris Mweemba, Sekretär des Zusammenschlusses lokaler NGOs.
Auf Anfrage von Infosperber bestätigte dies der Sprecher des Aussendepartements.


Tweet von Bundesrat Ignazio Cassis

«Emissionen innerhalb der WHO-Normen»

Der Rohstoffkonzern Glencore hat in den Kupferminen Sambias in den letzten Jahren enorm investiert, um die Kapazität des Werks massiv zu erhöhen und gleichzeitig gesundheitsgefährliche Emissionen zu reduzieren. Zuvor kam es nicht nur zu zahlreichen, durch Schwefeldioxid verursachten schweren Erkrankungen, sondern auch zu ärztlich bestätigten Todesfällen bei Einwohnern in umliegenden Quartieren. Doch wie viel Schwefeldioxid-Abgase beim Betrieb heute tatsächlich noch in die Umwelt ausgestossen werden, wird sowohl von Glencore wie auch von den sambischen Behörden verschwiegen. Auch Bundesrat Cassis und seine Leute haben keinen Einblick in die tatsächlich gemessenen Abgaswerte erhalten. Das bestätigte der EDA-Sprecher. Trotzdem liess Bundesrat Ignazio Cassis zur Freude von Glencore verbreiten, die Emissionen lägen jetzt «innerhalb der Normen der Weltgesundheitsorganisation» – ohne zu präzisieren, dass dies nach ungeprüften Angaben von Glencore so sei.
Wenn Journalisten so arbeiten würden…


Tages-Anzeiger vom 9.1.2019: «Glencore nutzt Aussagen von Cassis für eine PR-Kampagne aus. Der Rohstoffkonzern habe die Foto (oben) als bezahlten Werbe-Tweet verbreitet und dazu geschrieben: «Das Zentrum benützt die neueste Technologie, um Studierende und Angestellte auszubilden.» Glencore-Sprecherin Sarah Antenore habe erklärt: «Wir haben uns über den Besuch von Ignazio Cassis gefreut. Mit dem Tweet wollten wir zeigen, dass das Team vor Ort gute Arbeit leistet.»

Cassis liess sich von Glencore den Betrieb zeigen inklusive Schmelzwerk und Säurefabrik. Die Säurefabrik wandelt die Schwefeldioxid-Abgase, die bis 2014 grösstenteils ungefiltert in die Umgebung ausgestossen wurden, in flüssige Schwefelsäure um.

Dann zeigte ihm Glencore das eigene Berufsausbildungszentrum, wo der Nachwuchs für die technologisch anspruchsvolleren Arbeiten nachgezogen wird. Der Besuch bei Glencore dauerte rund 1,5 Stunden.
Die Zeit reichte offensichtlich nicht mehr, Cassis auch ins Malcolm Watson Hospital zu führen, das Mopani-Angestellte und deren Familien gratis behandelt, das aber kostenpflichtig und meist unerschwinglich für den allergrössten Bevölkerungsteil ist. Und auch der zur üblichen PR-Tour gehörende Besuch einer konzerneigenen Primar- und Sekundarschule, die für Familien der Angestellten ebenfalls kostenlos ist, lag zeitlich nicht drin.*
Eine öffentliche Schule von Mufulira, wo die von der Umweltverschmutzung am meisten Betroffenen und Beeinträchtigten lernen, besuchte Cassis sowieso nicht. Eigentlich sollten in dieser äusserst rohstoffreichen Region alle Einwohner von diesem Reichtum profitieren können.
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*Anfänglich hiess es hier fälschlicherweise, Cassis sei von Glencore auch in die eigene Schule und das eigenen Spital geführt worden.
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Infosperber berichtete schon mehrmals über die Glencore-Mine Mopani in Sambia:
Schweizer Rohstoffkonzern hat Sambia gedroht
Tod durch Schwefelgas: Gericht verurteilt Glencore
Glencore vergiftet weiter Menschen in Sambia
Glencore-Xstrata als Falschspielerin blossgestellt
Glencore macht Kinder krank und hält Medien fern


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

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3 Meinungen

  • am 9.01.2019 um 14:41 Uhr
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    Cassis 1.5 Stunden bei Glencore. Und er spaziert nur durch Glencore geführte Besichtigungstouren ohne sich mit allen Realitäten im afrikanischen Lande auseinanderzusetzen. Das zeigt, wessen Bundesrat er ist. Und zeigt die Tendenz der Politik zur Verbandelung mit den multinationalen Konzernen, den reichen Unternehmern und der Finanzindustrie. Und das ist schädlich für die Demokratie, denn wozu soll ich wählen gehen, wenn die Regierungen von den modernen Feudalherren geblendet und gekauft werden?

  • am 9.01.2019 um 15:51 Uhr
    Permalink

    BR Cassis, stud. Mediziner, ergo Weisskittel, hat eine Affinität zu «Weiss» (Endpunkt der Helligkeit). Farbpsychologisch (Dr. Max Lüscher sel.) repräsentiert «Weiss» absolute Freiheit von allen Behinderungen und die Freiheit für alle Möglichkeiten, ist also tabula rasa, der reine Tisch, die Bereinigung und der neue Anfang. Weiss steht für Flucht in die Weite, zeigt den Drang, sich zu befreien, ist Freiheit von moralischer Makel (Brautkleid), bedeutet Sauberkeit („Das neue Weiss, weisser als Weiss, “Waschmittelwerbung:), dient der Schönheit (Zahn-Weiss), ist auch Wahrheit (Weissbuch), bedeutet Unschuld….
    Im Gesundheitswesen schlug Herr Cassis grossen Schaum. Einmal mehr forderte er mehr Eigenverantwortung der Kranken (heisst sie sollen noch mehr in das Fass ohne Boden schütten). Er empfahl, sich an Singapur zu orientieren, wo er Rosinen heraus pickte aber verschwieg, dass der 5,5, Mio Einwohner zählende Stadtstaat bezogen auf gleich viele Menschen mit 2,5 mal weniger Ärzten, 2,5 mal weniger Krankenschwestern, 2,7 mal weniger Hebammen und mit total nur 29 Spitälern (also die privaten inbegriffen) prozentual etwa gleich viel gesunde Menschen hervorbringt wie die Schweiz! Die Zahlen kommen aus Statistiken der WHO.
    Wir werden es erleben, dass dieser Bundesrat als Schaumschläger in die Geschichte eingehen wird oder als «Mit vielen Worten nichts gesagt». Das Wasser wird er seinen Interessen und Interessengruppen zuleiten, wahrscheinlich auch in die EU!

  • am 9.01.2019 um 18:32 Uhr
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    Geschichtlich betrachtet wurden Staaten von Königen und Kaiser gegründet. Eine wichtig Aufgabe des Staates ist, die Interessen der Privatwirtschaft zu schützen. Umgekehrt finanzierte die Privatwirtschaft dafür den Staat. (Quelle: Das Ende der Megamaschine, Fabian Scheidler).
    Es ist also nicht verwunderlich sondern logisch, dass sich Bundesräte immer wieder als Lobbyisten auszeichnen. Ist dies doch eine seiner Hauptaufgaben. Die Korruption ist institutionalisiert und tief im kapitalistischen System verankert.

    Der letzte Satz ist absolut richtig und gilt für alle Menschen und alle Güter auf dieser Erde: «Eigentlich sollten in dieser äusserst rohstoffreichen Region alle Einwohner von diesem Reichtum profitieren können."

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