Kommentar

Nach dem Sturm: Sturm im Wasserglas

Linda Stibler © Claude Giger

Linda Stibler /  Waren die Eltern im Kanton Baselland mit den Informationen der Behörden überfordert? Eine groteske Folgegeschichte.

Stürme wie Sabine sind immer noch aussergewöhnlich, selbst wenn sich solche Ereignisse mehren werden. Prognosen sind daher auch für Fachleute noch mit Unsicherheiten verbunden. Wie sicher wird man sich auf den Strassen bewegen können? Per Auto, per Velo oder zu Fuss? Wo gibt es allenfalls gravierende Gefahren? Die heftige Sturmnacht vom vergangenen Montag hat den Krisenstab des Kantons Baselland dazu bewogen, eine spezielle Meldung für Eltern schulpflichtiger Kinder herauszugeben, das allerdings verhältnismässig spät, erst um 1.30 Uhr am frühen Morgen.

In Anbetracht der Tatsache, dass in einem immer noch ländlichen Kanton die Schulwege für die Kinder unterschiedlich exponiert sind, hat der Krisenstab in Absprache mit den zuständigen Behörden die Eltern dazu aufgerufen, notfalls die Kinder zu Hause zu behalten und sie nicht in die Schule zu schicken. Ein Ratschlag, der Eltern darin bestärken sollte, nach gesundem Menschenverstand zu entscheiden und alle Beteiligten vor zusätzlichen Umtrieben zu schützen: Lehrer und Schüler vor unnötigen Absenzeneinträgen, die Eltern vor umständlichen Entschuldigungen.

So weit so gut, könnte man meinen. Aber schon macht sich Empörung breit. Da werde die Verantwortung an die Eltern abgeschoben, sagte der FDP-Politiker Marc Schinzel aus Binningen, und der SVP-Präsident Dominik Straumann doppelte nach, es sei die Pflicht der Schule und der Behörden, die entsprechenden Entscheide zu fällen. Ausgerechnet Politiker jener Parteien, die sonst immer nach Eigenverantwortung rufen und den Bürger vor staatlicher Bevormundung schützen wollen, verlangen jetzt Verhaltensregeln von oben, als ob nicht in erster Linie die Eltern für das Wohl ihrer Kinder zuständig wären.

Was ist denn der Grund? Die Lust, den Schulen wieder einmal eins auszuwischen, auch wenn diese vernünftig und mit Augenmass handeln? Oder muss die Autorität der Schule bekräftigt werden? Oder steckt im Hintergrund gar die Angst, die Eltern könnten ihre Kinder folgenlos zum Schulschwänzen ermuntern (zum Beispiel für einen Klimastreik)?

Was auch immer: Die Medien berichten, die Schulbehörden rechtfertigen sich, in den digitalen Medien wogt die Diskussion hin und her. Und zu guter Letzt fragt man sich verwundert: Gibt es angesichts des deutlich wahrnehmbaren Klimawandels nicht noch eine grundlegendere Debatte?


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2 Meinungen

  • am 16.02.2020 um 11:56 Uhr
    Permalink

    "Verwundert die Augen reib…"

  • am 16.02.2020 um 18:22 Uhr
    Permalink

    Warum nur diese Kakophonie und schwarzer Peter herum geschiebe? Wie es diesbezüglich einfacher geht, zeigten uns die Elsässer, deren Schulbehörden die Eltern schon 3 Tage vor dem Sturm instruierten, was gemacht werden muss. Es sollte doch möglich sein, solche Dinge auch bei uns korrekt zu regeln.

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