Kommentar

Von Kugelschreibern und Kollusionen

Helmut Scheben Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des AutorsKeine. © zvg

Helmut Scheben /  Johann Schneider-Ammann übergibt einem Russen in Moskau einen Kugelschreiber. Die Folgen könnten fatal sein. Eine Glosse.

Auf dem Foto, das der «Blick» veröffentlicht hat, sieht man Johann Schneider-Ammann, wie er Maxim Oreschkin, dem russischen Minister für wirtschaftliche Entwicklung, die Hand schüttelt. Oreschkin hält ein kleines rotes Paket in der linken Hand. Der «Blick» schreibt dazu, nach Auskunft der Bundeskanzlei habe «Schneider-Ammann dem Russen einen Kugelschreiber übergeben».


Mitbringsel für Maxim Oreschkin: ein Kugelschreiber (Quelle: Twitter/«Blick»)

Ein «Bombshell-Foto»: In dieser Einschätzung sind sich westliche Sicherheitsexperten einig. Die Sache dürfte nicht ohne Folgen bleiben. Nur Stunden nach Bekanntwerden des kompromittierenden Fotos erging laut nicht genannt sein wollenden westlichen Diplomaten über die US-Botschaft in Bern eine Anfrage an den Bundesrat. Die amerikanische Regierung verlangt Auskunft über den Zweck des «Geschenks». Den namentlich nicht genannten Informanten zufolge stellt Washington unter vielen anderen Fragen die folgenden:

  • Dient das fragliche Schreibutensil dazu, Wirtschaftsverträge zu unterzeichnen, die die Sanktionen gegen Russland unterlaufen?
  • Welche Gegenleistung hat der Schweizer Wirtschaftsminister für sein Geschenk erhalten?
  • Sind Gegenleistungen in materieller Form oder in Form politischer Unterstützung durch Moskau Gegenstand der Gespräche gewesen?
  • Falls ja, waren dabei Wodka oder andere alkoholische Getränke im Spiel? Und trifft es zu, dass die Russen – wie westliche Geheimdienste vermuten – angeboten haben, die FDP in der Kampagne gegen die Vorlage zur Altersvorsorge zu unterstützen?
  • Trifft es zu, dass der KGB der FDP angeboten hat, über Twitter ein Foto zu publizieren, das Wladimir Putin als Tigerjäger zeigt, darunter die Parole: Das Alter ist nichts für Feiglinge! Nein zur AHV 2020!
  • Trifft es zu, dass die Russen – wie westliche Geheimdienste vermuten – der FDP angeboten haben, ein Gesprächsprotokoll zwischen Christian Levrat und einer kubanischen Coiffeuse öffentlich zu machen, deren Bruder der Sohn eines Onkels von einem Eisverkäufer war, der Fidel Castro im April 1974 ein Vanille-Glace verkauft haben soll?
  • Ist Schneider-Ammann als ehemaliger Oberst im Generalstab und ehemaliger Projektleiter im Oerlikon-Bührle-Konzern Geheimnisträger in Bezug auf Lenkwaffensysteme, und wie verträgt sich das mit seiner Russland-Connection?
  • Unterhält oder unterhielt Schneider-Ammann schon früher Beziehungen mit Russland? Unterhalten oder unterhielten seine Familienmitglieder ersten, zweiten und dritten Grades solche Beziehungen?
  • Wenn ja, waren es Beziehungen geschäftlicher Natur, privater Natur, intimer Natur oder anderer Natur? Gab es Beziehungen mündlicher oder schriftlicher Art?
  • Gab es solche Beziehungen unter den Vorfahren von Schneider-Ammann?

Laut anonymen Insidern in Bern soll am letzten Wochenende bereits ein Krisenstab des Bundesrates zusammengetreten sein. Die Fragen lauten nun: Was wusste Schneider-Ammann? Was wussten seine Mitarbeiter und seine Familie? Der Wirtschaftsminister soll auf alle Fragen bisher mit frappierenden Erinnerungslücken reagiert haben.
Fakt ist bisher nur, dass die Schweizer Regierung sich gegen den Verdacht schwerer Kollusion verteidigen muss. Die USA und ihre NATO-Verbündeten werden auf lückenloser Aufklärung des Falles bestehen.
In Kreisen der SP ist bereits die Forderung nach einer PUK laut geworden. Deren Kompetenzen sollen aber dahingehend ausgedehnt werden, dass auch geprüft wird, welche und wie viele Kugelschreiber Christoph Blocher in seiner Amtszeit als Justizminister erworben, verschenkt oder verkauft hat und welche politischen Gegenleistungen die SVP dafür bekam. Unter Sicherheitsexperten breitet sich die Sorge aus, dass der KGB oder von ihm gesteuerte Hacker das politische Leben und die demokratischen Prozesse in der Schweiz schon lange unter Kontrolle halten könnten.
Niki Haley, US-Botschafterin bei der UNO, sagte gestern bereits im CNN-Interview, das Weisse Haus verlange «categorically» die Ausdehnung der Ermittlungen von besagtem Kugelschreiber auf alle anderen Stifte, darunter Bleistifte, Buntstifte, Deo-Stifte, Lippenstifte … Auf die Frage von Journalisten, wie dies zu interpretieren sei, beschränkte sich Haley auf die ominöse Antwort: «Wir wissen mehr als wir momentan sagen können.»


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine.

Zum Infosperber-Dossier:

Putin_FlorisLooijesteijn_DSC01202_cc

Der Umgang mit Putins Russland

Russland zwischen Europa, USA und China. Berechtigte Kritik und viele Vorurteile.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.

4 Meinungen

  • am 20.07.2017 um 12:33 Uhr
    Permalink

    Das Problem liegt darin, dass die Satire in diesem Infosperber-Artikel kaum mehr von der Realsatire zu unterscheiden ist, welche die allgegenwärtige Russophobie zu Tage trägt.

  • am 20.07.2017 um 13:30 Uhr
    Permalink

    Der Hinweis auf den Glace-Verkäufer zeigt aber, dass es keine Satire ist. Hütet euch vor dem amerikanischen Geheimdienst! Und was ist mit dem Lippenstift, den Putin der Frau Leuhard im Mai 2013 geschenkt hat?

  • am 20.07.2017 um 16:43 Uhr
    Permalink

    Also, gopfridstutz, der Artikel hat mich zu Tode erschreckt! So etwas muss klar als Satire gekennzeichnet werden.
    Nur noch eine Frage: Hat Amman tatsächlich dem Russen ein Geschenk überreicht, und wenn ja, was war denn drin? Wirklich nur ein Kugelschreiber? …

  • Portrait_Josef_Hunkeler
    am 21.07.2017 um 09:42 Uhr
    Permalink

    Wenn ich mich richtig erinnere ist Carand’ache russisch und heisst so etwas wie Bleistift. Scheint doch geeignet als kleines Mitbringsel für einen Russen ?!

    Der ganze Artikel erinnert schon etwas sehr an eine CNN-Sendung. Leider sind diese Leute effektiv durch ständige Wiederholung zur Auffassung gelangt, dass solche Hexenjagden nicht nur kommerziell interessant sind, sondern vielleicht sogar wirklich irgend einer wirklichen Realität entsprechen könnten.

Comments are closed.

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...