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Der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer hält mit Kritik an der WTO nicht zurück © Wikimedia Commons/GreatAgain.gov/CC

USA auf Konfrontationskurs zur WTO

Andreas Zumach /  Der US-Handelsbeauftragte kritisiert das Streitschlichtungs-System der WTO – obwohl die USA es bislang am häufigsten nutzten.

Die erneute scharfe Kritik der Trump-Administration in Washington an der 1994 ganz wesentlich auf Betreiben der USA gegründeten Welthandelsorganisation (WTO) ist bei Regierungen der anderen 163 Mitgliedsstaaten und in der Genfer WTO-Zentrale auf deutlichen Widerspruch und Kopfschütteln gestossen. Bei der noch bis Mittwoch tagenden 11. Ministerkonferenz der WTO in Buenos Aires hatte der Handelsbeauftragte der Trump-Administration, Robert Lighthizer, am Montag kritisiert, die WTO habe «ihren Fokus auf Verhandlungen verloren» und sei zu einer «Streitschlichtungsorganisation» verkommen. «Allzu oft glauben ihre Mitglieder, dass sie über Klagen Vorteile erringen können, die sie niemals an einem Verhandlungstisch erreichen würden», monierte Lighthizer.
«Kronjuwel der WTO»
Der Leiter der deutschen Delegation in Buenos Aires, Wirtschafts-Staatssekretär Matthias Machnig, hielt dem in einer Presseerklärung entgegen, das Streitschlichtungssystem sei «ein Kronjuwel der WTO», das weiter gestärkt werden müsse. Die WTO sichere auf diesem Weg gleiches Recht für alle, nicht das Recht des Stärkeren.
Nach einer in der Genfer WTO-Zentrale geführten Statistik haben die USA das Streitschlichtungssystem bislang von allen Mitgliedern am häufigsten genutzt. In 113 Fällen hat die Regierung in Washington seit 1994 gegen andere WTO-Mitglieder wegen angeblich unfairer Handelspraktiken geklagt. In einer Reihe weiterer Fälle waren die USA die Beklagten, weil sie mit Subventionszahlungen oder der Verhängung von Strafzöllen mutmasslich gegen WTO-Verträge verstiessen. Diese Fälle dürften in nächster Zeit noch erheblich zunehmen, sollte die Trump-Administration die zahlreichen bislang von Wirtschaftsminister Wilbur Ross angedrohten Strafzölle unter anderem gegen Stahl- und Aluminiumimporte aus der EU, China und Südkorea, sowie gegen die Einfuhr von Holz und Flugzeugen aus Kanada und von Oliven aus Spanien oder Biodiesel aus Argentinien tatsächlich umsetzen. Darüber muss in den meisten dieser Fälle noch die zuständige Washingtoner Behörde, die International Trade Commission entscheiden.
In der Genfer WTO-Zentrale wächst die Sorge über eine gezielte Sabotage des Streitschlichtungssystems durch die Trump-Administration. Schon seit geraumer Zeit verhindert Washington die Besetzung von drei vakanten Richterposten in den Schlichtungspanels.
Kritik an der Handelspolitik grosser Schwellenländer
Der US-Handelsbeauftragte kritisierte zudem, dass manche Vereinbarungen der WTO angeblich «nur für einige wenige Länder gelten» und «die anderen im Namen eines selbst ernannten Status freie Bahn» hätten. Wenn «fünf oder sechs der reichsten Länder der Welt sich als Entwicklungsländer bezeichnen, ist etwas falsch» kritisierte Ligthizer – ohne ein Land konkret zu nennen. Sollte er China, den Hauptrivalen der Trump-Administration gemeint haben, wäre die Behauptung falsch. Für China, das erst 2000 der WTO beitrat, gibt es nach dem Auslaufen einiger Übergangsregeln keinerlei Ausnahmebestimmungen mehr. Solche existieren in erster Linie für die 50 nach UNO-Definition «am wenigsten entwickelten Staaten» sowie für einige ärmere Entwicklungsländer. Indien hat derzeit noch eine demnächst auslaufende Genehmigung für Subventionen von Grundnahrungsmitteln, um auch die armen Teile der eigenen Bevölkerung ernähren zu können.


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