Korruption-1

Die Credit Suisse liess in Mosambik die Sorgfaltspflicht vermissen und kassierte © COM

Protest gegen Einstellung der Strafverfolgung gegen die CS

Urs P. Gasche /  Die Credit Suisse tolerierte Korruption in Mosambik, um hohe Profite und Gebühren zu kassieren. Doch um Strafen kommt sie herum.

Fünf grosse NGOs* in Mosambik protestieren gemeinsam, weil die britische Banken-Aufsichtsbehörde FCA, die von Finanzinstituten finanziert wird, eine Strafuntersuchung gegen die Credit Suisse eingestellt hat.
Der Schweizer Grossbank wird damit von hohen Strafzahlungen verschont und muss nur noch mit verwaltungsrechtlichen Bussen rechnen. Diese Bussen seien «unangemessen», wenn man «die gut begründeten Vorwürfe gegen die Credit Suisse und ihre früheren Verantwortlichen» berücksichtige, erklären die NGOs in einem gemeinsamen Communiqué. Sie machen unter anderem die Credit Suisse dafür verantwortlich, dass sich der Staat Mosambik wegen Korruption und rechtswidrigen Bürgschaften mit über zwei Milliarden Dollar verschuldete. Weil es an Aufklärung dieses Skandals fehlt, hat der Internationale Währungsfonds IWF die Kredite an dieses neuntärmste Land der Welt gestoppt. Das Land erklärte Ende Oktober 2016, es könne diese Kredite nicht zurückzahlen.

Die Vorgeschichte

Im Jahr 2013 hatte die Credit Suisse London in Zusammenarbeit mit der russischen Bank VTB London Kreditgeschäfte von insgesamt 2,07 Milliarden Dollar mit Mosambik abgeschlossen. Eine handverlesene Truppe um den damaligen Präsidenten, Armando Guebuza, und einen früheren Geheimdienstchef, Antonio do Rosario, wollte für Verteidigungszwecke in geheimer Mission einen Kredit von über zwei Milliarden US-Dollar aufnehmen.

Als Kredit-Empfänger signierten drei neu gegründete halbprivate Firmen, die dem Geheimdienst unterstanden. Der Löwenanteil des Geldes war für Küstenschutz und militärische Projekte bestimmt. Die Kredite wurden vor der internationalen Öffentlichkeit, inklusive dem IWF, geheim gehalten und auch vor dem eigenen Parlament und nach deren eigenen Angaben auch der Staatsbank verschwiegen, trotzdem aber mit Staatsgarantien versehen. Dies bedeutete einen Verstoss gegen die Verfassung und das Budgetgesetz, die vorschreiben, dass Kredite von einer bestimmten Höhe zwingend durch das Parlament abgesegnet werden müssen.

Es gehörte zu den Pflichten der Credit Suisse, die Rechtslage und die Verhältnisse in Mosambik gut zu studieren, bevor sie – gegen gute Zinsen, Spesen und Gebühren – Kredite von insgesamt 1,04 Milliarden Dollar vergab. Entweder hat die Bank vor der Korruption beide Augen zugedrückt, oder dann handelte sie grobfahrlässig.

500 Millionen Dollar spurlos verschwunden

Die Folgen sind gravierend: Bei einem Viertel der 2,07 Milliarden Dollar bleibt die Verwendung ein Mysterium. Dazu kommen 713 Millionen Dollar an überteuerten, abgerechneten Preisen.

Zu diesem Schluss kam ein Untersuchungsbericht. Für die Schweiz besonders brisant: Die Credit Suisse hatte für die Kreditzahlungen offiziell drei Bedingungen gestellt: Die Kredite sollten von der mosambikanischen Zentralbank bewilligt, vom Verwaltungsgericht überprüft und dem IWF gemeldet werden.
Keine dieser Bedingungen wurde jedoch erfüllt.
Weshalb die CS die Kredite trotzdem auszahlte, bleibt ein Rätsel. Eine Aufklärung wäre umso dringlicher, als dieser Deal wie ein Dominostein die verschiedenen Etappen einer Tragödie anstiess, deren Konsequenzen Mosambik in seiner sozialen Entwicklung um viele Jahre zurückwarfen.
Eine weitere, bereits seit längerem bekannte Bedingung, welche die CS an die Kredite gestellt hatte, betraf die Bindung der Kredite an eine mosambikanische Staatsgarantie. Eine solche wurde zwar formell gewährt, aber – wie erwähnt – in Verletzung der mosambikanischen Verfassung und Gesetze.
Laut Untersuchungsbericht 100 Millionen an «Spesen» verdient

Der Untersuchungsbericht listete drei Kredite der CS auf, mit denen die Bank insgesamt etwas über 110 Millionen Dollar an Spesen kassiert habe.

Die CS widersprach der Behauptung, sie habe 100 Millionen Dollar oder mehr an Bankspesen eingenommen. In Wahrheit seien es nur branchenübliche 23,8 Millionen Dollar oder 2,3 Prozent an Gebühren gewesen.
Hinzu kamen laut Untersuchungsbericht 141 Millionen Dollar «contractor fees», um den Käufern die Kredite an (Proindicus und Ematum) schmackhaft zu machen.
Weitere «mindestens 30,6 Millionen Dollar» sind laut Untersuchungsbericht im Zusammenhang mit Umstrukturierungen des Proindicus-Kredits an die Firma Palomar Capital Advisors AG mit Sitz in Zürich geflossen.

Der Untersuchungsbericht lässt wichtige Fragen zur weiteren Abklärung offen: Weshalb wurden alle verfassungsmässigen und finanztechnischen Kontrollmechanismen ausgehebelt? Wieso flossen die Kredite nicht an den Staat Mosambik (sondern an private Firmen), sodass die Zentralbank keine direkten Informationen über die Abwicklung der Zahlungen erhielt? Warum wurden der IWF und die Geberländer an der Nase herumgeführt? Wie erklärt sich die hartnäckige, langjährige Weigerung, die Verwendung der fehlgeleiteten mindestens 500 Millionen Dollar offenzulegen?

Seit April 2016, als die geheimen Kredite aufflogen und die ausländische Budgethilfe gestoppt wurde, schrumpften die Ausgaben für das Gesundheits- und Bildungswesen bereits drastisch. Der IWF drängt Mosambik nun zum Abbau von Defiziten und zur Erhöhung der Steuereinnahmen und also zu noch mehr Sozialabbau.
Dieser Artikel enthält Recherchen von Professor Thomas Kesselring, die Infosperber bereits veröffentlichte.
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Infosperber hatte über diesen grossen Korruptionsfall in Mosambik mit Schweizer Beteiligung mehrmals berichtet.
Siehe DOSSIER: Credit Suisse im Mosambik-Skandal

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*FMO, OMR, CIP, IESE and MASC (Fórum de Monitoria do Orçamento, Observatório do Meio Rural, Centro de Integridade Pública, Instituto de Estudos Sociaise Económicos; Mecanismo de Apoio à Sociedade Civil).


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine

Zum Infosperber-Dossier:

Flagge_Mosambik

Credit Suisse im Mosambik-Skandal

Mit einer russischen Bank hat die CS zwei Milliarden Kredit gesprochen – ohne geforderte Sorgfaltspflicht.

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3 Meinungen

  • am 20.11.2018 um 12:54 Uhr
    Permalink

    Wenn nur die Hälfte der aufgelisteten Vergehen der Finanz-Mafia inkl. CS zutreffen, dann müsste ein ehrliches Gericht wohl die Strafe bei mindestens 3 Milliarden $ ansetzen. Dass der IWF die Daumenschrauben für Mosambik noch zusätzlich anzieht, statt die Lügen und den Betrug aufdeckt, spricht stark dafür, dass Ernst Wolff’s Einschätzung zum IWF stimmt:
    https://www.bing.com/videos/search?q=ernst+wolf+erkl%c3%a4rt+den+iwf+in+5+minuten&view=detail&mid=829A2A4F894F381C34DA829A2A4F894F381C34DA&FORM=VIRE

    Eigentlich müsste die Schweizerische Bundesanwaltschaft gegen die CS ermitteln und sie verurteilen – wir bitten darum und warten darauf.

  • am 21.11.2018 um 11:40 Uhr
    Permalink

    Die CS verhält sich regelwidrig, wird aber nicht bestraft. Dafür wird in Mosambik, um doch noch so viel wie möglich von den illegalen Schulden zurück zu zahlen, der sonst schon bettelarme Bürger mittels IWF Regeln geschröpft. Obwohl er selbst nichts verbrochen hat. Bestraft wird er für die Verbrechen anderer.
    Oft kann man lesen/höhren/sehen, dass der kapitalistische und «demokratische» Westen Afrika finanziell unterstützen müsse. Stellt man den Kapitalfluss vom Westen nach Afrika dem Kapitalfluss von Afrika in den Westen gegenüber, erkannt man, dass der Netto-Kapitalfluss in Wahrheit von Afrika nach Westen fliesst. Anders ausgedrückt: Der arme Afrikaner finanziert den reichen Europäer/Amerikaner.
    Dieser Zustand wird notfalls mit Gewalt und Regierungsstürzen gesichert. Hier bei uns werden Euphemismen gestreut wie Entwicklungshilfe (Ausbeuterfonds), Investitionshilfe (Enteignungsmassnahmen) und dergleichen. Eine «Hilfe» die aber in der Bilanz mehr nimmt als sie gibt ist in Wahrheit ein Raubzug der lediglich PR-Technisch aufgewertet wird.

    Der Beginn der grossen Kolonialzeit so wie der Beginn des Kapitalismus waren ca. im 16. Jh. Wer sich für die Gemeinsamkeit von Ausbeutung und Kapitalismus interessiert, der findet hier mehr zum Thema:
    https://www.amazon.de/Das-Ende-Megamaschine-scheiternden-Zivilisation/dp/385371384X/ref=sr_1_1?s=books&ie=UTF8&qid=1542795506&sr=1-1&keywords=fabian+scheidler

  • am 21.11.2018 um 12:43 Uhr
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    Warum ermittelt die FINMA und die Bundesanwaltschaft nicht?
    Ach so diese wird ja nur aktiv gegen Steuerfahnder die Kundendaten von Steuerbetrüger verwenden möchten.

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