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«Google» will der US-Armee dabei helfen, ihre Drohnen effektiver zu nutzen. © pixabay/Montage

Töten mit der Technologie von Google

Tobias Tscherrig /  «Google» schmeisst das Motto «Don't be evil» über Bord und verhilft der US-Armee zu einer Steigerung ihrer «Tödlichkeit».

Aus Protest kündigten kürzlich einige Mitarbeiter von «Google» ihre Arbeitsstelle, andere verfassten ein wütendes Protestschreiben. Die Angestellten, welche die Steuerpraktiken, die Datensammelwut und andere unschöne Google-Praktiken in der Vergangenheit meistens unkommentiert liessen, haben ihr Gewissen entdeckt. Sie befürchten, dass ihre Arbeit zum Töten von Menschen benutzt werden könnte.

Es braucht viel, bis Google-Angestellte protestieren oder ihr Unternehmen verlassen. In Umfragen über die beliebtesten Arbeitgeber landet der Internetkonzern regelmässig auf dem ersten Platz. «Google» lässt sich seine Mitarbeiter einiges kosten: In den extravaganten und stylischen Büros gibt es Billardtische, Flipperkästen, Nintendo-Wii-Konsolen und Hängemattenzimmer. Weiter bezahlt das Unternehmen gute Sozialleistungen und bietet seinen Mitarbeitenden zusätzliche Angebote wie Kinderkrippen und Ähnliches.

Die Firma gilt als trendy und innovativ. Ausserdem macht Erfolg sexy, er zieht vor allem die jüngere Generation an. So führte auch eine Befragung an 100 europäischen Hochschulen überall zum gleichen Ergebnis: «Google» ist der beliebteste Arbeitgeber.

Google spannt mit US-Militär zusammen
Wie der Internetkonzern vor einiger Zeit bekannt gab, stellt er seine künstliche Intelligenz nun auch dem US-Militär zur Verfügung. «Project Maven» heisst die Zusammenarbeit, bei welcher der Konzern dem Militär hilft, die Auswertung von Drohnenaufnahmen mit künstlicher Intelligenz zu beschleunigen und deren Inhalte automatisiert zu klassifizieren. Das ist zu viel für etliche Google-Mitarbeiter: Sie befürchten, dass aufgrund ihrer Arbeit automatische Waffen den Entscheid zum Angriff treffen – und Menschen töten.

Die Zusammenarbeit zwischen «Google» und dem Pentagon kratzt am Image des Konzerns, der «die Informationen der Welt organisieren und allgemein zugänglich und nützlich machen» will. Doch schon Ende 2015 änderte «Alphabet», die Mutterfirma von «Google», ihr Motto «Don’t be evil» («Sei nicht böse») in «Do the right thing» («Tu das Richtige»).

Wegen der Zusammenarbeit mit dem Militär haben gemäss der US-Techseite «Gizmodo» inzwischen ungefähr zwölf Google-Angestellte ihren Job gekündigt. Über 3100 weitere Mitarbeitende haben einen Protestbrief unterschrieben, worin der Konzern unter anderem aufgefordert wird, keine Kriegstechnologien zu entwickeln.

Lukrative Aufträge für Technologieunternehmen
Die Zusammenarbeit mit dem Militär ist nicht der einzige Grund, weshalb «Google»-Mitarbeitende ihre heissgeliebten und begehrten Stellen kündigen. Der Konzern, der seine offene Diskussionskultur in der Vergangenheit oft genug betont und seine Firmenpolitik nach Einwänden von Angestellten auch schon geändert hat, zeigt sich von der Kritik unbeeindruckt.

Statt die Kritik anzunehmen, verteidigte «Google» das Projekt «Maven» als «nicht offensiv». Ausserdem handle es sich bei der Software, die dem Militär zur Verfügung gestellt werde, um Open-Source-Software, auf welche das Pentagon auch ohne Zahlungen an «Google» Zugriff habe.

Die Argumentation, «Maven» sei nicht offensiv, ist falsch. Das Ziel des Projekts ist eine gesteigerte Effizienz bei Drohnenschlägen im Ausland. Das soll erreicht werden, weil – dank der Zusammenarbeit mit «Google» – ein «Analyst künftig zwei, möglicherweise sogar drei Mal so viel Arbeit erledigen kann wie bisher», heisst es in der offiziellen Darstellung des US-Verteidigungsministeriums. Zusätzlich betonte US-Verteidigungsminister James Mattis in der Vergangenheit mehrmals, das Ziel des Projekts sei die Steigerung der Tötungsrate des US-Militärs.

«Google» will aber noch mehr. Der Internetkonzern versucht, weitere Aufträge des Pentagons an Land zu ziehen. Etwa beim Projekt «Joint Enterprise Defense Infrastructure (JEDI)». Dabei geht es darum, dem US-Militär Dienste im Cloud-Bereich zur Verfügung zu stellen. Auch «Microsoft» und «Amazon» – die bereits in einigen Fällen mit dem US-Militär zusammenarbeiten und daraus auch kein Geheimnis machen – bemühen sich um den milliardenschweren Auftrag. Sie alle gehören unterdessen zum einflussreichen militärisch-industriellen Komplex.

Ethik und Moral verschwinden aus dem Silicon Valley
«Google» ist bei Weitem nicht der einzige Konzern aus dem Silicon Valley, der sich auf Geschäfte mit der US-Armee einlässt. Das ist aber nicht das einzige Problem der Konzerne, die sich so gerne einen idealistischen und verantwortungsvollen Anstrich geben. Facebook startete etwa mit dem Ziel, Menschen auf der ganzen Welt zu verbinden. Stattdessen hat es die «Fake News» nicht im Griff und verbreitet unkontrollierte Wahlpropaganda.

Projekt «Maven» ist der nächste Schritt zu einer verhängnisvollen Zusammenarbeit zwischen Technologiekonzernen und Armee: US-Militärs wollen die Erforschung von neuen Technologien, sie wollen den Krieg mithilfe von neuen Waffen und künstlicher Intelligenz revolutionieren. Davon erhoffen sie sich Vorteile auf den Kriegsschauplätzen. Also investieren sie Milliarden und ködern damit Technologieunternehmen.


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4 Meinungen

  • am 24.05.2018 um 13:36 Uhr
    Permalink

    Jenen Mitarbeitern, die aufgrund der genannten Machenschaften von Google ihrem Arbeitgeber gekündigt haben, kann ich nur meine Hochachtung aussprechen. Ebenso jenen, die sich zum Protestbrief an Google bekennen. Mögen sie keine Nachteile daraus ziehen.

    Jetzt kämen ja auch noch die Millionen Nutzer – ich gehöre dazu – zu einem Protest-Bekenntnis dieser Art dran. Fast alle Internet-Surfer nutzen Google. Die wirksamste Art des Protestes wäre ein anderes Abfrage- und Informations-Instrument als Google zu nutzen. Da muss man gleich mal realisieren, dass Google eine Art Monopolstellung hat, die skrupellos vom militärisch-industriellen Komplex der USA genutzt/missbraucht wird.
    Wer weiss, wie weit Google, aber auch andere IT-Grössen wie Microsoft usw. vom Deep State evtl. schon jahrelang gesponsert wurden und wie abhängig diese Firmen von den US-Hintergrund-Mächten von allem Anbeginn waren und deshalb jederzeit in die Zange genommen werden können. Möglicherweise wurde Google als Firma und Internet-Tool bewusst so aufgebaut, dass es ein willkommenes Instrument zur Abfrage von Datenmaterial ist, das nach Belieben und Vorstellung der Mächtigen eingesetzt wird. Dass daraus dem US-Militärkomplex und den IT-Firmen Gross-Aufträge erwachsen zur Effizienzsteigerung von Tötungen in Kriegsgebieten, wundert nicht. Wundern tut nur, dass die Nutzer erst so spät merken, welcher Verführung sie auf den Leim gekrochen sind. Ein weiterer Schwitzkasten der diktatorischen USA für Europa.

  • am 24.05.2018 um 16:35 Uhr
    Permalink

    Ueberrascht? doch nicht oder?
    Das die US Regierung (CIA, Pentagon…egal) vom aller ersten Tag Google mitfinanziert hat ist kein geheimnis. Projekte in künzliche Intelligenz wurden schon in den 80er vom «Department of Defence» bezahlt. (z.B. Anellla Programm UK)
    Luc

  • am 24.05.2018 um 16:36 Uhr
    Permalink

    Guter Artikel! Dass sich allerdings Ethik und Moral jemals ins Silicon Valley verirrt hätten, scheint mir etwas übertrieben. Alle diese Tech-Firmen und Produkte wurden aus DARPA Projekten entwickelt, entgegen all der schönen «Nerd in a Garage» Stories.

    Wenn man sich nun allerdings auf KI im militärischen, speziell Drohnenbereich beschränkt, gehen viele Aspekte, die uns Menschen auf der ganzen Welt sehr viel näher gehen, vergessen.

    Das erklärte Ziel von Ray Kurzweil ist es, das menschliche Denken in eine AI-Cloud auszulagern und uns damit unsterblich zu machen. Sie können es dann vergessen, jemals wieder einen eigenen Gedanken fassen zu können, die KI übernimmt das Denken und Handeln für Sie, resp. Ihren Zombie-Körper. Damit das Ganze funktioniert, wird jetzt die Installation von Smart Cities, Smart Home, Smart Meters sowie 5G weltweit vorangetrieben. Schliesslich sollen Sie ja jederzeit und überall überwacht und mit fremden Gedanken versehen werden. Wie umfassend die Datenbanken, die dafür notwendig sind, sein müssen, wird u.a. an Peter Thiels «Palantir» ersichtlich:
    https://www.bloomberg.com/features/2018-palantir-peter-thiel/
    Ob Sie nun von einer 5G Antenne in Ihrer Nachbarschaft zu Tode mikowelliert werden, nachdem die KI entschieden hat, dass Sie nicht mehr nützlich sind, oder Sie von einer mit den nötigen Daten versehenen Drohne abgeschossen werden, spielt eigentlich keine Rolle mehr.

  • am 3.06.2018 um 11:24 Uhr
    Permalink

    Fragen statt an Google and http://www.duckduckgo.com
    Und kleine Nebenbemerkung: das war auch Google mal – gut.
    Macht hat Google erlangt und es gilt die alte Regel: Macht (und Geld) korrumpiert.

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