Kommentar

Glückliche Eier für die Schweiz

Tobias Tscherrig © zvg

Tobias Tscherrig /  Die Eier von glücklichen Hühnern schmecken angeblich am besten. Sie sind selten zu finden.

Eier, ich liebe Eier: Spiegelei, Rührei, Drei-Minuten-Ei, Ei auf dem Toast, in Teigwaren, auf der Rösti, pochierte Eier, als Zutat beim Backen, im Sandwich, als wichtiger Bestandteil in köstlichen Desserts. Eier, überall Eier. Sie sind Wunderdinger, lassen sich vielfältig zubereiten und eignen sich gemäss der Vereinigung der Schweizer Eierproduzenten Gallosuisse «gut für Kleinkinder, Sportler und für alle auf Diät. Für alle anderen aber auch.»

Die Schweiz ist eine Nation von Eier-Liebhabern. Deshalb produzierten wir im Jahr 2016 Eier im Wert von über 245 Millionen Franken, hielten mehr als 2,8 Millionen Legehennen und eine knappe Million an Junghennen und Legeküken. Insgesamt verzehrte die Bevölkerung der Schweiz 1.5 Millionen Eier, das sind durchschnittlich 176 pro Kopf. Das Wichtigste dabei: Glücklich produzierte Eier schmecken am Besten.

Gallosuisse weiss das schon lange. Deshalb posaunt die Vereinigung seit mehreren Jahren ihren Werbeslogan «Die glücklichsten Hühner legen die besten Eier» durch die Schweiz. Zur besten SRF-Sendezeit gackern auch in diesem Jahr wieder glückliche und saubere Hühner zu fröhlichen Melodien, als könnten sie es kaum erwarten, Eier zu produzieren. Der potenzielle Konsument sieht aufgeräumte Ställe, Blümchen und herausgeputzte Tierchen, viel Platz und Hühner, die ihren Bewegungsdrang frei ausleben können. Ungehindert erreichen sie die satten Wiesen, die Sonne scheint, das Gras raschelt. Sofort plumpst das nächste Ei in sauberes Stroh. Als wäre in der Schweiz alles Bio. Friede, Freude, Eierkuchen.


Der Werbespot 2017 ist im Internet nicht auffindbar. Weitere Werbespots von Gallosuisse gibt es hier.

Die Legehennen haben aber nicht alle gut gackern. Gemäss der Statistik 2015 wurden 9.2 Prozent der Hühner mittels Bodenhaltung, ohne Aussenklimabereich gehalten. Bei dieser Halteform bewegen sich bis zu 18’000 Legehennen frei im Stall. Es gibt mehrere Ebenen zum «scharren, staubbaden, fliegen, fressen, trinken», wie die Geflügelzeitung schreibt. Tageslicht sei vorhanden.

15,9 Prozent der Hühner lebten im selben Jahr bei Produzenten, die auf die Halteform «Bodenhaltung mit Wintergarten» zurückgriffen. Dabei steht den Legehühnern ein frei zugänglicher «Wintergarten» zur Verfügung. Das ist die «besonders tierfreundliche Stallhaltung (BTS)». Auch hier dürfen bis zu 18’000 Tiere gehalten werden.

59,6 Prozent des Gesamt-Bestandes wurden mittels «Freiland mit Wintergarten (ohne Bio)» gehalten. Das heisst: Die Hühner bewegen sich im Stall, in einem Wintergarten, und haben täglichen Zugang zur Weide «wo sie sich frei bewegen können.» In der Regel steht jedem Huhn 2,5 Quadratmeter Weide zur Verfügung. Die Herdengrösse beträgt bis zu 18’000 Tiere.

15,3 Prozent der Hühner kommen in den Genuss der Bio-Freilandhaltung mit Wintergarten, dem Luxus-Ressort der Legehühner. Die Herdengrössen sind kleiner (bis zu 4000 Legehennen), den Tieren steht mehr Platz im Stall und im Auslauf zur Verfügung. Ausserdem erhalten Bio-Legehennen Futtermittel aus biologischem Anbau, die Tiere stammen von biologisch gehaltenen Elterntieren und sind in einer Bio-Brüterei geboren.

Jahr für Jahr zeigt Gallosuisse in ihren beschönigenden Werbespots Legehühner der Kategorie «Bio-Freilandhaltung mit Wintergarten.» Diese kommt aber nur 15,3 Prozent der Tiere zugute. Zudem sind in den Werbesports niemals mehr als einige Legehennen zu sehen – statt deren 4000. Die Werbung suggeriert, was in den wenigsten Fällen der Wirklichkeit entspricht.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

keine

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Landwirtschaft

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2 Meinungen

  • am 30.07.2017 um 19:14 Uhr
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    Hühner sind soziale Viecher. Sie sollen etwa 50 Kolleginnen kennen können und mit ihnen eine Rangordnung festlegen. Bei mehr Hühnern an einem Haufen werden die Tiere dann eher unsicher und sind vielleicht nicht mehr so glücklich.
    Kleine Hühnerhaltungen rentieren aber nicht und Hobbyhaltung wird durch Raumplanung und Nachbaren erschwert.
    Ja, glückliche Hühner sind ganz selten und ihre Eier müssten mit Gold aufgewogen werden – oder doch mindestens CHF 1.- kosten …..

  • am 31.07.2017 um 14:08 Uhr
    Permalink

    Der Pschiss ist ja bei Fleisch und Eiern gegeben. Der kleinste Prozentsatz der Tiere sieht die Sonne je und dann ist noch zu bemerken, dass die Hennen so manipuliert sind, dass nicht selten die ganze Gebörmutter aus der Scheide fällt und das Huhn qualvoll verendet. Da isst man keine Eier mehr.
    Diese Irreführung von Konsumenten müsste verboten werden. Aber seit Trump ist ja lügen an der Tagesordnung auch beim Bauernverband nicht anders!
    Eine merkwürdige Gesellschaft!

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