Kommentar

Fluglärmgegner müssen mit Thomas Klühr rechnen

Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des AutorsKlaus J. Stöhlker, Zollikon ZH, ist Mediensprecher der «Stiftung gegen Fluglärm». ©

Klaus J. Stöhlker /  Der Chef der Lufthansa-Tochter Swiss will in Zürich einen «Hub plus». Die Schweiz verneigt sich vor dem Gesslerhut in Frankfurt.

Red. Weil die Gegner eines weiteren Ausbaus des Flughafens Zürich in grossen Medien zu wenig zu Wort kommen, geben wir hier ausnahmsweise einem Mediensprecher das Wort. Stöhlker vertritt die «Stiftung gegen den Fluglärm».
Der bayerische Statthalter des Deutsche Lufthansa-Konzerns in der Schweiz heisst Thomas Klühr. Er ist seit anderthalb Jahren CEO der Swiss, der ertragreichsten Tochtergesellschaft des deutschen Luftfahrtkonzerns, die vom Bundesrat in einem Anflug von Verzweiflung für 70 Millionen Franken nach Frankfurt verschachert wurde. Seither macht die Swiss Jahresgewinne in mehrfacher Höhe dieses Betrags und ist eine massgebliche Stütze des erfolgreichen, aber immer noch finanziell angeschlagenen deutschen Konzerns.
[Siehe dazu «Tagesschau übernimmt blindlings die Swiss-Zahlen».]
Klühr ist der Hauptgegner aller 300’000 Menschen rund um den Flughafen Zürich in Kloten, die bis gegen Mitternacht belärmt und ab 6.02 Uhr am Morgen aus den Betten gedröhnt werden. Die Nachtruhe der Kinder, Alten und Kranken interessieren ihn kaum. Der Schutz der Zürcher Umwelt, die durch Lärm und Abgase ausgelösten Gesundheitsprobleme, interessieren ihn auch nicht. Er muss fliegen, damit die Deutsche Lufthansa finanziell gesundet und seine Karriere von München über Zürich wieder nach Frankfurt führt.
Klühr und sein Chef Carsten Spohr haben sich beim – ebenfalls bayerischen – deutschen Verkehrsminister Dobrindt nicht für die Schweizer Anliegen eingesetzt. Ihre deutschen Landsleute in Südbaden und Baden-Württemberg, wo maximal 7’000 Menschen mit Flüstergeräuschen «belärmt» werden (so die offizielle Merkel-Leuthard-Studie), können gut schlafen.
Klühr will Zürich-Kloten zum «Hub plus» der Deutschen Lufthansa ausbauen, ein Landesflughafen nicht nur für die Schweiz, wie er gedacht war, sondern auch für Baden-Württemberg. Dort regieren die Grünen in enger Gemeinschaft mit den Schwarzen (CDU) und verbündet gegen die Schweizer Lärmopfer.

Schweizer Eliten gegen das Volk

Die Schweizer Eliten aus Politik und Wirtschaft, die nicht mehr in der Lage waren, die Swissair und die Swiss erfolgreich selbst zu führen, sind einstimmig übergelaufen zu Thomas Klühr und der deutschen Super-Airline.
Thomas Klühr ist heute im Vorstand der Dachorganisation der Schweizer Wirtschaft économiesuisse. Er ist nicht nur CEO der Swiss, sondern auch Mitglied des Verwaltungsrats von Edelweiss, der Schwestergesellschaft der Swiss. Er wurde soeben in den Vorstand der Handelskammer Deutschland-Schweiz in Zürich gewählt.

Das Schweizer Volk darf die, gemessen am Ausland, überteuerten Tarife der Swiss bezahlen. Darf den Dreck schlucken, der auf seinen Terrassen liegt, weil im Umfeld der Flugschneisen alles schneller schwarz wird als sonst im Land.
Die Südlandungen in Kloten sind die Folge eines deutschen Diktats. Die jetzt vom Schweizer Bundesrat bewilligten Südstarts sind eine Katastrophe für eine Schweizer Kulturlandschaft und alle sie bewohnenden Menschen. Einzig die Zürcher Regierungsrätin Carmen Walker Späh, eine Fachfrau für Verkehr, hat bisher einiges an Schlimmem verhindern können. Doch gegen die Lufthansa-Lobby in Bern versagte auch die Kraft der Zürcher Regierungsrätin. Kein einziger der Zürcher National- und Ständeräte eilte ihrem Wahlvolk zu Hilfe. Das gilt auch für den volkstümlichen Zürcher Bundesrat Ueli Maurer, der gerne Grashalme frisst, dies aber in der Lufthansa-Schneise nicht mehr tun sollte.
Demnächst, nach der Übernahme der Air Berlin durch die Lufthansa, werden in Zürich-Kloten über 70 Prozent der Passagiere durch diesen deutschen Konzern befördert. Schon heute sind die Flugpreise zwischen Zürich und Wien massiv gestiegen. Eine Wettbewerbsklage einzureichen, wird wohl niemand wagen.
Wilhelm Tell, der von der Vereinigten Schweizer Linken vor dreissig Jahren aus der Landesgeschichte ausgegrenzt wurde, müsste heute gegen diesen neuen Gessler antreten. Die Schweiz aber verneigt sich vor diesem neuen Gessler-Hut, der aus Frankfurt kommt.
———————————
Siehe auch:


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Klaus J. Stöhlker, Zollikon ZH, ist Mediensprecher der «Stiftung gegen Fluglärm».

Zum Infosperber-Dossier:

Dsenflugzeug

Flugverkehr

Freiheit für die einen, Klimakiller und Lärmbelästiger für andere. Auf jeden Fall ist er hoch subventioniert.

War dieser Artikel nützlich?
Ja:
Nein:


Infosperber gibt es nur dank unbezahlter Arbeit und Spenden.
Spenden kann man bei den Steuern in Abzug bringen.

Direkt mit Twint oder Bank-App



Spenden


Die Redaktion schliesst den Meinungsaustausch automatisch nach drei Tagen oder hat ihn für diesen Artikel gar nicht ermöglicht.

8 Meinungen

  • am 2.09.2017 um 12:01 Uhr
    Permalink

    Mehr Herzinfarkte und mehr Diabetes in Flughafennähe
    Erschreckend diese HUB-Ausbau Schreckszenarien! Alarmierend ist der kürzlich bekannt gewordene Bericht von PD Dr.med Hans Göschke, Binningen BL zu den gravierenden Gesundheitsschäden, die durch den Fluglärm rund um den Flughafen verursacht werden. Herzinfarkte sind in Flughafennähe anderthalbmal und Diabetes gar doppelt so häufig als anderswo. Reduzieren wir den Flugverkehr durch Verzicht auf den Hub in Kloten, der uns ausser Zusatzlärm kaum viel bringt! Vom Hub profitieren neben den Flughafenbetrieben nur die ausländischen Fluggesellschaften. Ein Wetteifern mit Dubai Airport mit mehr Herzinfarkten und mehr Diabetes schadet unserer Lebensqualität und den Krankenkassen.
    Martin A. Liechti, Maur

  • am 2.09.2017 um 13:11 Uhr
    Permalink

    Mir geht der Hut hoch, wenn Stöhlker vom «Volk» schreibt, dass von der Elite hintergangen werde. Um hier mit Brecht zu argumentieren, gibt es in einem Land nur eine Bevölkerung, aber kein «Volk». Diese nationalistische Sprech vom «Volk» ist heute erst recht zu vermeiden, als sich die Bevölkerung heterogener zeigt als vor 70 Jahren. Dass er wohlwissentlich dieses Unwort braucht, macht das Elitenbashing verdächtig, obwohl es in der Sache durchaus richtig ist. Mir scheint hier ein Nationalismus fehl am Platz, denn der Demokratie dient dieser am Ende nicht.

  • am 2.09.2017 um 15:14 Uhr
    Permalink

    In Baden-Württemberg regieren also «die Grünen in enger Gemeinschaft mit den Schwarzen verbündet gegen die Schweizer Lärmopfer"?

    Seltsame Auslegung. Ich würde sagen: Schweizer Lärmopfer sollten gemeinsam mit süddeutschen Lärmopfern gegen ein überbordenden Flughafen in Kloten ankämpfen. Wenn es aber das Ziel aller regionalen Anti-Lärm-Lobbygruppen bleibt, den Lärm immer der jeweilig anderen Region zuzuschieben, wird das nichts, und in Zürich und Berlin freut man sich über die Uneinigkeit und strategische Dummheit der Fluglärmgegner.

  • am 2.09.2017 um 18:47 Uhr
    Permalink

    Man spricht allgemein von der rentablen Lufthansa-Tochter Swiss. Ich möchte gern einmal wissen, inwiefern es sich hier tatsächlich um operative Rentabilität handelt, oder ob nicht eher (oder zumindest auch) ein Konzerngewinn-Verschiebungseffekt zwecks Steuersenkung stattfindet.

  • am 3.09.2017 um 12:57 Uhr
    Permalink

    @Wiesmann. Dazu können Sie den im Artikel oben verlinkten Beitrag lesen «Tagesschau übernimmt blindlings die Swiss-Zahlen».

  • am 3.09.2017 um 18:18 Uhr
    Permalink

    Bis zum Lamentieren zu den Südlandungen/Südstart kann ich Stölker’s Aussagen, was den Lärm anbelangt, unterstützen.
    Die Südlandungen verdanken wir der Arroganz der FZAG und des Zürcher Regierungsrats. Klagen Süddeutschlands wegen der massiven Überschreitung des damaligen Vertrags mit Deutschland wurde ignoriert …
    Der Süden konnte dank der Politik bisher den Fluglärm zum grössten Teil den anderen Regionen zuschieben.
    Bevor es wegen der DVO zu den morgendlichen Südlandungen kam, war der Osten davon betroffen – und zwar ab 5:30 Uhr. Damals hiess es vom Flughafen, dass es wegen der betrieblichen Abläufe unmöglich später gehe. Mit den Südlandungen war dann plötzlich 6 Uhr möglich.
    Die Südstarts bei Bise und Nebel sind ein kleiner Schritt zu mehr Sicherheit.
    Die ökologisch, immissions- und sicherheitsmässig unsinnige Platzrunde (Linkskurve nach Südstart) um in den Westen zu gelangen, ist eine politische Kurve, die den Süden schont und ein grosses Sicherheitsrisiko.
    Der abtretende Skyguide-Chef Weder hat sehr klare Worte zur Sicherheit (http://fluglaerm-ost.ch/index.php/88-news/387-politik-first-safety-second).
    Das Einzige, was allen Anwohnern, egal in welcher Himmelsrichtung sie leben, hilft, ist sämtliche geplanten Pistenausbauten in Kloten an der Urne abzulehnen. Keine Pistenverlängerung dient der Sicherheit. Alle geplanten Pistenausbauten dienen einzig der Kapazitätserweiterung.

    Urs Dietschi., alt Kantonsrat, Vorstandmitglied Bürgerprotest Fluglärm Ost

  • am 4.09.2017 um 17:34 Uhr
    Permalink

    In Stöhlkers Aufsatz hat es nur einen Fehler. Der seinerzeit von BR Leuenberger ausgehandelte Vertrag war vorteilhaft. Aber die vereinigte SVP/FDP bodigte den Vertrag weil man Leuenberger den Erfolg missgönnte.

  • am 10.09.2017 um 14:33 Uhr
    Permalink

    Der Schlag wollte mich treffen, als ich die davon erfuhr, In Zürich bei Bisenlage und/oder Nebel den Südstart einzuführen. Abgesehen vom politischen Bückling gegenüber unseren nördlichen Nachbarn, stellt diese Massnahme ein ernormes Sicherheitsrisiko dar. Zur Klärung: bei Bise ist die vorherschende Windwirchtung von Norden nach Süden oder von Nordosten nach Südwesten.
    Kein Pilot dieser Welt startet ohne Not mit Rückenwind, weil sich damit die Startstrecke im ungüstigsten Fall nahezu verdoppelt. Zudem riskiert man bei einem solchen Start einen Strömungsabriss, wenn die Maschine zu früh hohgezogen wird, beispielsweise wegen nahendem Pistenende. Dann könnten die dort lebenden Menschen nur noch die Köpfe einziehen und beten.
    Leicht weniger kritisch ist dieses Vorgehen bei Nebel, da dann meistens Windstille herrscht.
    Verantwortungslos ist es aber trotzdem. Ich teile ohne jede Einschränkung die Meinung von Herrn Dietschi.

Comments are closed.

Ihre Meinung

Lade Eingabefeld...